Edgar Ludwig Gärtner

Edgar Ludwig Gärtner

Samstag, 26. Mai 2018


Europas Aufstieg gründet nicht auf Menschenrechten
Von Edgar Ludwig Gärtner
Angebliche Freunde Europas sind dabei, die letzten 3.500 Jahre der menschlichen Entwicklung umzuschreiben. Diese Umdeutung der Geistesgeschichte zielt vor allem darauf ab, die Ur- oder Erbsünde des Menschen, die spätestens seit Augustinus zum festen Bestandteil des abendländischen Menschenbildes gehört, vergessen zu machen – wohl, um damit den massenhaft anstürmenden Zuwanderern islamischen Glaubens entgegenzukommen. Denn im Islam gilt der Mensch von Geburt an als Allah unterworfen und daher unschuldig. Wer von der Existenz der Ursünde ausgeht, erkennt hingegen die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen an. Und das ist für einen gläubigen Muslim unvorstellbar. Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht im Folgenden weniger um die Gnade des christlichen Glaubens, zu der vermutlich immer nur eine Minderheit Zugang finden wird, sondern um die breite christliche Kultur. Darin gilt der Mensch nicht als unschuldige „blonde Bestie“, sondern als fehlbar, dem Bösen zugeneigt, unfähig, aus sich heraus das Gute zu tun, wenngleich grundsätzlich zum Erhabenen befähigt. (Ich gehe hier zunächst nicht auf die Perversion dieses selbstkritischen Menschenbildes durch die Kultivierung von Schuldkomplexen ein.)
Allerdings hat sich bereits die französische Aufklärung von diesem Menschenbild abgewandt, indem sie zunehmend die Realität des Bösen leugnete. Nach dem neuen politisch-korrekten Narrativ beginnt die europäische Kultur nicht mit der Christianisierung der Franken und der späteren Übernahme des römischen Rechts sowie der griechischen Philosophie, sondern mit der am 26. August 1789 durch die französische Nationalversammlung verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Es war der aus dem französischen Zentralmassiv stammende Marquis de Lafayette, ein im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu Ruhm gelangter militärischer Führer, der 1789 als Mitglied der französischen Generalstände der Nationalversammlung einen auf der Virgina Bill of Rights von 1776 und der noch älteren englischen Bill of Rights sowie den politischen Philosophien von Montesquieu und Rousseau fußenden Entwurf der Allgemeinen Menschenrechterklärung vorlegte – und das selbstverständlich in bester Absicht.