Was ist (Selbst-)Bewusstsein?
Edgar L. Gärtner
Schon
seit Sigmund Freuds „Entdeckung“ des Unbewussten, spätestens aber seit den
neurophysiologischen Experimenten von Benjamin Libet (1916-2007) in Kalifornien
gilt der Mensch nicht mehr als Herr im Hause des eigenen Ich. Nach Libet sei es
„eine unumstößliche und experimentell
bewiesene Tatsache, dass eine
Handlung immer schon ausgeführt ist, wenn sich das Gehirn ihrer bewusst wird“, erklärt
einer seiner Nachfolger, der bekannte amerikanische Hirnforscher Michael
Gazzaniga, in seinem neuesten Buch „Who’s
in Charge? Free Will and the Science of the Brain“. Damit scheint sich
Gazzaniga auf den ersten Blick der durchaus gängigen deterministischen
Fehlinterpretation der Experimente Libets anzunähern. Die deutsche Übersetzung
des Titels seines Buches („Die
Ich-Illusion“) leistet diesem Missverständnis noch (bewusst?) Vorschub. In
Wirklichkeit vertritt Gazzaniga in seinen Ausführungen über die strafrechtliche
Verantwortung eher die gegenteilige Position, indem er die individuelle
Verantwortung unterstreicht.